Das Team von Aktiv für Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz hat in seinem Infobrief August wichtige Informationen um das neue Integrationsgesetz zusammengefasst. Wir geben den Infobrief unverändert weiter.

Inhaltsverzeichnis

  • Das Integrationsgesetz
    • Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG
    • Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetz
    • Erschwerter Zugang zur Aufenthaltsverfestigung (Niederlassungserlaubnis)
    • Erteilung einer Duldung für abgelehnte Asylbewerber
    • Vorrangprüfung bei Arbeitsaufnahme
    • Verpflichtungserklärung
    • Unzulässige Anträge

 

Das Integrationsgesetz

Das Integrationsgesetz ist kein eigenständiges oder „richtiges Gesetz“, da es keine eigenen Paragraphen enthält, sondern Artikel, die bezugnehmend auf verschiedene, schon bestehende Gesetze Änderungen vornehmen.
Im Folgenden beschreiben wir die Änderungen, von denen wir glauben, dass sie für Ihren unterstützenden Alltag relevant werden oder schon sind:

Wohnsitzauflage nach § 12a AufenthG

Ministerin Anne Spiegel hat in der Pressemitteilung vom 08.08.2016 verlauten lassen, dass die Pflicht zur Wohnsitznahme in Rheinland-Pfalz nicht umgesetzt wird. Dennoch sei hier kurz die Regelung erklärt, falls Sie länderübergreifend Personen unterstützen.

Ein AusländerInnen mit Anerkennung als AsylberechtigteR, Flüchtling, subsidiär SchutzberechtigteR oder dem nach § 22, § 23, oder § 25 Abs. 3 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde, ist nun verpflichtet für den Zeitraum von drei Jahren ab Anerkennung oder Erteilung der Aufenthaltserlaubnis in dem Bundesland zu wohnen, in welches er zur Durchführung des Asylverfahrens zugewiesen wurde. Sie können dazu verpflichtet werden, den Wohnsitz an einem bestimmten Ort zu nehmen.

Natürlich gibt es Ausnahmen, die wir an dieser Stelle nur kurz auflisten möchten. Wenn Sie dies genau nachlesen möchten, schauen Sie im Gesetzestext im § 12a AufenthG nach.

Oben genannte Verpflichtung gilt nicht, wenn eine Person der Kernfamilie (Ehegatten, Lebenspartner und minderjährige Kinder)

  • einer sozilaversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht
  • eine Berufsausbildung aufnimmt oder bereits aufgenommen hat
  • in einem Studien- oder Ausbildungsverhältnis steht

Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetz

Der Erhalt von Leistungen nach dem AsylbLG wird nun noch mehr nach dem Prinzip des aktivierenden Sozialstaates ausgestaltet: fordern und fördern. Das bedeutet, dass Leistungen einfacher gekürzt werden können, wenn AsylberwerberInnen

  • Ihre Mitwirkungspflicht verletzen
  • Arbeitsgelegenheiten nicht wahrnehmen, zu denen sie verpflichtet wurden. AsylbewerberInnen dürfen nach dem AsylbLG zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet werden.
  • nicht am Integrationskurs teilnehmen

Außerdem wird die Regelung zur Kürzung auf Menschen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung ausgeweitet, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU bereits einen Aufenthalt oder Schutzstatus erhalten haben.

Eine Kürzung bedeutet, dass die Menschen "nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege" erhalten (§ 1a Abs. 2 Satz 2 AsylbLG). Das Gesetz sieht zudem vor, dass dies in Sachleistungen ausgezahlt werden soll. Wir werden sehen was die Praxis bringt, bis jetzt zahlt nur Bayern in Sachleistungen aus.

Wenn eine solche Kürzung vorgenommen worden ist, kann immer Widerspruch (später auch Klage) gegen den ergangen Bescheid eingelegt werden. Die Leistungskürzung bleibt hierbei so lange Bestehen, bis eine andere Entscheidung ergeht (dies nennt sich in der Sprache der Juristen: keine aufschiebende Wirkung).

Erschwerter Zugang zur Aufenthaltsverfestigung (Niederlassungserlaubnis)

Es gab bis jetzt die Möglichkeit für Menschen mit einer Aufenthaltserlaubnis (bei zum Beispiel der Flüchtlingseigenschaft nach drei Jahren) eine Niederlassungserlaubnis zu beantragen, ohne die im Gesetz aufgelisteten Vorraussetzungen zu erfüllen.
Eine Niederlassungserlaubnis ist ein sogenannter verfestigter Aufenthaltstitel ohne zeitliche Beschränkung.

Diese Privilegierung fällt nun weg, was bedeutet,dass die Menschen je nach Aufenthaltstitel verschiedene Vorraussetzungen erfüllen müssen, hier nur drei exemplarisch:

  • Es sind je nach Dauer des Aufenthaltes verschiedene Sprachkenntnisse nachzuweisen, jedoch mindestens A2,
  • Der Lebensunterhalt muss mindestens zur Hälfte (weitestgehend), besser aber "weit überwiegend" gesichert sein und
  • Es muss ausreichender Wohnraum zur Verfügung stehen.

Es wird in Zukunft also sehr viel schwerer eine festen, unbefristeten Aufenthalt zu bekommen. Sollten Sie jetzt Fragen dazu haben, wenden Sie sich bitte an eine Beratungsstelle!

Für den Alltag gilt: Spracherwerb, sowie Erwerbstätigkeit sollten bei den Menschen, die schon 3 oder 5 Jahre in Deutschland leben und sich niederlassen wollen im Mittelpunkt stehen!

 

Es gibt auch etwas Positives zu berichten:

Erteilung einer Duldung für abgelehnte Asylbewerber

Wenn das Asylverfahren mit negativen Ausgang beendet wurde, der Mensch also ausreisepflichtig ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten eine Duldung (Aussetzung der Abschiebung) zu erhalten.
Im Integrationsgesetz wurde die Bestimmungen zur Erteilung einer Duldung positiv verändert:

Eine Duldung ist (das bedeutet muss) zu erteilen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregeltem Ausbildungsberuf aufnimmt oder aufgenommen hat.

Die Duldung wird für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Dauer der Berufsausbildung erteilt.
Die Duldung wird nach Abschluss der Ausbildung für 6 Monate verlängert, so dass sich der Mensch in dieser Zeit eine Beschäftigung suchen kann, die den erworbenen beruflichen Qualifikationen entspricht.
Personen, die eine solche Beschäftigung aufnehmen erhalten eine Aufenthaltserlaubnis für 2 Jahre.

Für unsere Praxis bedeutet dies:
Es gibt für Menschen, die abgelehnt werden noch eine Möglichkeit, eventuell in einen Aufenthalt zu kommen, wenn sie eine Ausbildung machen. Hierfür werden – gerade für die Berufsschule – Deutschkenntnisse des Sprachniveaus B2 vorausgesetzt.

Es gibt natürlich Ausnahmen, die wir hier auch nur kurz skizzieren möchten:
Ausschlussgründe liegen vor, wenn

  • Aufenthaltsbeendende Maßnahmen selbstverschuldet verhindert wurden (z.B. nicht freiwillig ausgereist und Abschiebung verpasst, weil nicht zu Hause)
  • Mensch aus sicherem Herkunftsstaat stammend nach dem 31.8.2015 Asylantrag gestellt hat
  • Aufenthaltsbeendende Maßnahmen bevorstehen (Abschiebungstermin steht, Ersatzpapiere sind beantragt etc.), daraus folgt, dass nach Ablehnung des Asylantrages oder der Klage schnell gehandelt werden muss
  • Die Ausbildung abgebrochen wird, erlischt auch die Duldung. Möglich ist eine einmalige 6-monatige Duldung zur Suche eines neuen Ausbildungsplatzes

Geregelt ist dies im § 60a AsylG.

Vorrangprüfung bei Arbeitsaufnahme

Im § 32 BeschV wird für Menschen mit Aufenthaltsgestattung oder Duldung geregelt, dass für 3 Jahre die Vorrangprüfung (also gibt es auf dem Arbeitsmarkt einen Deutschen oder EU-Ausländer, der für diese Stelle qualifiziert ist und zur Verfügung stünde) ausgesetzt wird.
Dies soll nach Bezirken mit unterdurchschnittlicher Arbeitslosenquote geregelt werden, Rheinland-Pfalz verzichtet ganz auf die Vorrangprüfung.

Verpflichtungserklärung

Die Verpflichtungserklärung war bis jetzt nicht zeitlich befristet geregelt. Die Wirkung der Verpflichtungserklärung erlischt nun nach 5 Jahren nach der "ermöglichten" Einreise.
Geregelt ist jetzt aber auch, dass die Erklärung nicht mit Erhalt eines Aufenthaltstitels erlischt.

Genaues ist im §68 Abs. 1 AufenthG geregelt.

Unzulässige Anträge

Deutschland ist nicht für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig, bzw. lehnt ihn als unzulässig ab, wenn Länder, die keine EU-Staaten und bereit sind, Flüchtlinge wieder aufzunehmen, als sonstige sichere Drittstaaten betrachtet werden (könnte in Zukunft die Möglichkeit eröffnen, z.B. die Türkei oder Staaten in Nordafrika nach entsprechenden Abkommen als solche Drittstaaten zu definieren).

Falls Ihnen ein solcher Fall bekannt werden sollte, wenden sie sich an einen Anwalt oder zumindest an eine Verfahrensberatungsstelle!